Hermes, H.J.; Lorenz, B.: Sacherschließung - wir müssen sie (uns) leisten! : Vorträge im Rahmen der 28. Jahrestagung der Gesellschaft für Klassifikation, Universität Dortmund 9. bis 11. Mai 2004 (2004)
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- Abstract
- Seit nunmehr 28 Jahren treffen sich Bibliothekare bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Klassifikation zum Gedankenaustausch über Inhaltserschließung. Im vorigen Jahr beschäftigte uns in Cottbus die Frage: "Sacherschließung - können wir uns die noch leisten?" - und Antworten wurden gesucht und eine mit dem Mittel des Controlling gefunden: Die Auskunft aus dem Leitreferat von Dr. Ceynowa lautete, dass die Sacherschließung eines Dokuments (z.B. eines Buches) 16,67 Euro kostet bei 18 Arbeitsminuten. Am Ende stand dennoch das klare Fazit der 2003er Tagung: Sachschließung - wir müssen sie (uns) leisten! Und das war zugleich das Thema der Dortmunder Veranstaltung der Bibliothekare, denn Bibliothek ohne Inhaltserschließung - sie würde nicht funktionieren. Gleichwohl wurden die Dortmunder Referate gleichsam vor einer Folie gehalten mit der Aufschrift: "Runter mit den Kosten." Übrigens akzeptierten die Autoren in Cottbus so gut wie geschlossen das neue Angebot, dass ihre Beiträge auf den Archivserver der Technischen Universität Chemnitz "MONARCH" (Multimedia ONline ARchiv der TU Chemnitz) übertragen würden. So geschah es, so dass sie seit Sommer 2003 unter der Adresse archiv.tu-chemnitz.de erreichbar sind. Für die Dortmunder Beiträge ist dasselbe Verfahren vereinbart.
- Content
- "Kollege Bernhard Eversberg, UB TU Braunschweig, sprach zum Thema "Vorbild Suchmaschine - oder was sonst kann unsere Sacherschließung besser machen?" Eversberg geht von folgenden Aussagen aus: - "Das vollautomatische Wort-Indexieren des Datenmaterials allein ist völlig unzureichend. - Schlagwörter können nicht allen Fragestellungen gerecht werden. - Größere Bestände sind nirgends vollständig und konsistent sachlich erschlossen. - Ein virtueller Sachkatalog (Simultansuche in mehreren Katalogen) ist deshalb Utopie. - ABER: Die sachliche Suche hat aus Nutzersicht einen höheren Stellenwert als die formale. - UND: Nutzer wollen verbal suchen - das Denken in Klassen und Hierarchien ist schwer vermittelbar." Gleichwohl meint er, die Aussichten für eine bessere Sacherschließung seien gar nicht so schlecht: "Zuerst muss man sich auf Codes und Notationen für die [im Referat erörterten] Kriterien einigen, mindestens auf Listen von Begriffen und deren Semantik, doch kann man dabei auf einige Vorarbeiten bauen oder Vorhandenes nutzen. Verteiltes Vorgehen ist möglich, wenn man sich auf Normen einigt und dann einen intensiven Austausch zwischen den Verbünden organisiert. Es hat schon einige Aktionen zum Austausch von Schlagwortund Systematikdaten gegeben, und diesen ersten Schritten könnten viele weitere folgen. ... Weil aber schon längst lokale Bestände für viele Fragen unzureichend sind, könnte man eine Stärkung der Verbundkataloge und deren Einsatz auch im OPACBereich ins Auge fassen, was gelegentlich schon vorgeschlagen wurde (Suche im Verbund, Ausleihe im Lokalsystem)." Eversbergs Referat ist komplett erreichbar unter http://www.allegro-c.de/formale/se.htm.
Manfred Hauer, Inhaber von AGI-Information Management Consultants, stellte intelligent Capture vor bzw. die mit dem Tool CAI-Engine (computer-aided-indexing) erzeugten Metatexte. Mit ihrer Hilfe ließen sich Proberecherchen in der jüngst entstandenen Datenbank Dandelon unternehmen. Dandelon entstand im Rahmen der Sacherschließung für die Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz. Die InternetAdresse: http://www.dandelon.com. Florian Seiffert, HBZ Köln, stellte mit "Virtuelles Bücherregal NRW" ein Verfahren vor, mit dessen Hilfe herkömmliche Titelaufnahmen in Suchmaschinen-hier Google - eingeschleust wurden. Das einleuchtende Ergebnis: Auch bekennende Nichtbenutzer von Bibliotheken finden unversehens einschlägige Buchtitel - nämlich solche aus den HBZ-Daten - unter Google. Das "Virtuelle Bücherregal NRW" bietet insoweit das an, was man in Politikersprache "populistisch" nennen würde. Mit einschlägigem Erfolg. Hans Dieter Gebauer, ULB Bonn, stellte sein Publikum vor die bekannte Entscheidungssituation, die alle schon erlebt haben: Soll man einen alten Zettelkatalog - hier in Bonn einen Schlagwortkatalog mit einer halben Million Zetteln - wegwerfen oder die intellektuelle Leistung vieler, die vor uns da waren, retten? In Bonn geht es um die Berichtszeit von 1945 bis 1989. Über etliche Folien hielt sich die Spannung, bis am Ende folgende Lösung herauskam: Die Bonner werden davon profitieren, dass das HBZ ähnlich wie im Jahr 2002 der Südwestverbund Sacherschließungen aus dem Bayerischen Verbund überführen wird. Für die Situation in Bonn wird die Datenübernahme aus Bayern schon deshalb sinnvoll sein, weil auch ältere Titel aus der Zeit vor 1970 sich als sacherschlossen erweisen werden. Geplant ist die Übernahme der sacherschlossenen Titel noch im Jahr des BVB->HBZ-Projekts, d.h. 2005. Etliche Vorarbeiten werden schon jetzt durchgeführt und etliche werden sich nach der Fremddatenübernahme im Rahmen von Eigenbearbeitungen nach RSWK anschließen. Thema von Stefanie Berberich, UB Heidelberg, war Kosten und Nutzen von konventioneller und automatisierter Inhaltserschließung. Bibliothekskataloge mit großem Titeldatenvolumen weisen sehr unterschiedliche Erschließungstiefe auf. Nicht selten sind nur ca. 25 Prozent der Titeldaten verbal nach RSWK erschlossen. Bibliotheken müssen daher der Frage nachgehen, mit welchen Methoden, automatisch und konventionell, und zu welchen Kosten die übrigen Daten verbessert, das OPAC-Retrieval optimiert und Wissensressourcen insgesamt besser präsentiert werden können.
Ausgehend von den Kontextfaktoren, Google-Faktor und Kostenfaktor, die starken Druck auf die Bibliotheksdienstleistung Erschließung ausüben, und ausgehend von einer empirischen OPAC-Analyse von 1.200 Rechercheprotokollen vom Typ "Nulltreffer bei der sachlichen Suche" stellte die Verfasserin exemplarische Ansätze zur Optimierung der Erschließung unter Benutzungsaspekten vor: 1. Freitextsuche und Redesign von OPACOberflächen 2. Einbindung informationeller Mehrwerte (Table of Contents zu Titelaufnahmen) 3. automatische Erschließung 4. Integration von Katalogen in ein Portal Die genannten Ansätze wurden unter den Aspekten Kosten und Nutzen analysiert. Kerstin Zimmermann (Wien) berichtete über Klassifikationsbeispiele von Lernmaterialien in spezifischen Portalen. Hintergrund: Was im Wissenschaftsbereich mit den Internet-Angeboten von Vorlesungsskripten und einfachen JAVA-Appletts begann, geht heute bis hin zu kommerziellen virtuellen Lernplattformen mit unterschiedlichsten Inhalten Die Didaktik spricht dann von blended learning. Schränkt man die Betrachtung auf frei zugängliche, online verfügbare Materialien ein, stellt sich die Frage nach der Auffindbarkeit. Wo gibt es Angebote für welches Fach und auf welchem Level?
Zimmermann betrachtete die zwei unterschiedlichen Fächer Geschichte und Physik als Repräsentanten für die Entwicklung unter dem Gesichtspunkt von Portalen. Dabei untersuchte sie einerseits die Einbettung der Lehr- und Lernmaterialien sowie deren Kennzeichnung durch Metadaten. Darüber hinaus behandelte sie fächerübergreifende Server im Bereich Schule/Hochschule und hier sowohl die Einordnung wie das Angebot. Einen Schwerpunkt bildete die Frage, welche Konsequenzen sich hieraus für interdisziplinäre Darstellung ziehen lassen. Abschließend kommentierte sie folgende Portale: Clio-Online, LiLi, Deutscher Bildungsserver, ZUM, META-AKAD bzw. AKEON. Über Sacherschließung in der UB Dortmund berichtete der zuständige Fachreferent Christian Andersen. Die Universitätsbibliothek klassifizierte nach der DK, die Bibliothek der Pädagogischen Hochschule klassifizierte nach eigenem System. 1980 erfolgte die Fusion der beiden Bibliotheken mit der Begleiterscheinung, dass die beiden Systematischen Kataloge einerseits nach DK und andererseits nach eigener PHB-Systematik weitergeführt wurden. Für die Sachkataloge produzierte das System DOBIS Katalogzettel bis zur Abschaltung von DOBIS Ende 1991. Damit brachen die Zettelkataloge ab. In einem Testlauf im Sommer 1990 hatten sich die Fachreferenten für die Nutzung der Fremddaten des HBZ entschieden. Außerdem stand die Möglichkeit der freien Schlagwortvergabe zur Verfügung. Eine Umstellung der DK-Notationen auf EDV-Recherche hätte großen manuellen Verbalisierungsaufwand benötigt, da die DK-Notation für sich genommen nicht aussagekräftig genug erschienen. Der DK-Teil des Zettelkatalogs wurde Anfang 2002 "entsorgt'"; der PH-Teil steht heute in einem Magazin noch zur Verfügung, wird aber - sofern entdeckt - kaum genutzt.
Heute sind alle Bestände der UB im OPAC erreichbar. Sachlich suchen kann man gezielt nach Schlagwörtern oder Stichwörtern. Auch die "Suche über alle Felder" ist möglich. Nachteil: Fallweise gibt es große bis sehr große Treffermengen. Problem: Die durch die Retrokatalogisierung erfassten Altbestände sind fast gar nicht sachlich erschlossen; die Titel seit 1983 nur teilweise. Mit 1986 setzte die Übernahme der Schlagwortdaten der Deutschen Nationalbibliographie (DNB) durch den HBZ-Verbund ein. Wünschenswert wäre es, die Altbestände durch automatische Indexierung zu erschließen. Im Rahmen der Besprechung der AG Dezimalklassifikationen am 10. März 2004 gab Bernd Lorenz (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege München) einen kurzen Überblick über den Stand der DDC Deutsch und lieferte seine Eindrücke von der Präsentation von DDC und UDK während des IFLA-Kongresses in Berlin (August 2003)."
- Source
- Information - Wissenschaft und Praxis. 55(2004) H.3, S.157-158