Fiala, S.: Deutscher Bibliothekartag Leipzig 2007 : Sacherschließung - Informationsdienstleistung nach Mass (2007)
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- ""Sacherschließung - Informationsdienstleistung nach Maß": unter diesem Titel fand am 3. Leipziger Kongress für Information und Bibliothek ("Information und Ethik") eine sehr aufschlussreiche Vortragsreihe statt. Neue Projekte der Vernetzung unterschiedlichst erschlossener Bestände wurden vorgestellt. Auch die Frage, inwieweit man die Nutzerinnen und Nutzer in die Erschließung einbinden kann, wurde behandelt. Die Arbeit der Bibliothekare kann wertvolle Ausgangssituationen für alternative Methoden bieten. Das Zusammenwirken von intellektueller und maschineller Erschließung wird in Zukunft eine große Rolle spielen. Ein Ausweg, um die Erschließung der ständig wachsenden Informationsquellen zu ermöglichen, könnte eine arbeitsteilige Erschließung und eine Kooperation mit anderen Informationseinrichtungen darstellen. Im Mittelpunkt all dieser Überlegungen standen die Heterogenitätsprobleme, die sich durch unterschiedliche Erschließungsregeln, verschiedene Arbeitsinstrumente, verschiedene Sprachen und durch die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe ergeben können. Der Nachmittag begann mit einem konkreten Beispiel: "Zum Stand der Heterogenitätsbehandlung in vascoda" (Philipp Mayr, Bonn und Anne-Kathrin Walter, Bonn). Das Wissenschaftsportal vascoda beinhaltet verschiedene Fachportale, und es kann entweder interdisziplinär oder fachspezifisch gesucht werden. Durch die verschiedenen Informationsangebote, die in einem Fachportal vorhanden sind und die in dem Wissenschaftsportal vascoda zusammengefasst sind, entsteht semantische Heterogenität. Oberstes Ziel ist somit die Heterogenitätsbehandlung. Die Erstellung von Crosskonkordanzen (zwischen Indexierungssprachen innerhalb eines Fachgebiets und zwischen Indexierungssprachen unterschiedlicher Fachgebiete) und dem sogenannten Heterogenitätsservice (Term-Umschlüsselungs-Dienst) wurden anhand dieses Wissenschaftsportals vorgestellt. "Crosskonkordanzen sind gerichtete, relevanzbewertete Relationen zwischen Termen zweier Thesauri, Klassifikationen oder auch anderer kontrollierter Vokabulare." Im Heterogenitätsservice soll die Suchanfrage so transformiert werden, dass sie alle relevanten Dokumente in den verschiedenen Datenbanken erreicht. Bei der Evaluierung der Crosskonkordanzen stellt sich die Frage der Zielgenauigkeit der Relationen, sowie die Frage nach der Relevanz der durch die Crosskonkordanz zusätzlich gefundenen Treffer. Drei Schritte der Evaluation werden durchgeführt: Zum einen mit natürlicher Sprache in der Freitextsuche, dann übersetzt in Deskriptoren in der Schlagwortsuche und zuletzt mit Deskriptoren in der Schlagwortsuche mit Einsatz der Crosskonkordanzen. Im Laufe des Sommers werden erste Ergebnisse der Evaluation der Crosskonkordanzen erwartet.
Einen anderen sehr interessanten Ansatz bot der nächste Vortrag mit dem Titel: "Navigieren zwischen Schlagwort und Notation - Crisscross als Verbindung zwischen SWD und DDC" (Helga Karg, Frankfurt am Main und Guido Bee, Frankfurt am Main). Das Projekt Crisscross versucht durch Verbindung von SWD, LCSH, Rameau und DDC ein benutzergerechtes, multilinguales und thesaurusbasiertes Recherchevokabular zu erstellen. Es wurde eine Konkordanz zwischen SWD, LCSH und Rameau (Projekt MACS) erstellt und in den SWD-Sachschlagwörtern die DDCNotationen vermerkt. Durch die Angabe der Determiniertheit in der SWD kann zwischen "wesentlicher Übereinstimmung von SWD-Term und DDCKlasse", "SWD-Begriff spezifischer als die DDC-Klasse" und SWD-Begriff sowohl "nicht auf einen bestimmten Kontext beschränkt" als auch "SWDBegriff quer zur DDC-Hierarchie" unterschieden werden (siehe auch: Anzeige in MelviIClass).
Der dritte Vortrag dieser Vortragsreihe mit dem Titel: "Anfragetransfers zur Integration von Internetquellen in digitalen Bibliotheken auf der Grundlage statistischer Termrelationen" (Robert Strötgen, Hildesheim) zeigte eine maschinelle Methode der Integration ausgewählter, inhaltlich aber nicht erschlossener Internetdokumentbestände in digitale Bibliotheken. Das Zusammentreffen inhaltlich gut erschlossener Fachdatenbanken mit Internetdokumenten steht im Mittelpunkt dieses Forschungsprojekts. "Sollen ausgewählte fachliche Internetdokumente zur Ausweitung einer Recherche in einer digitalen Bibliothek integriert werden, ist dies entweder durch eine Beschränkung auf hochwertige und aufwändig erstellte Clearinghouses oder durch eine "naive" Weiterleitung der Benutzeranfrage möglich." Weiter heißt es in der Projektbeschreibung: "Unter Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens werden semantische Relationen zwischen Klassen verschiedener Ontologien erstellt, die Übergänge zwischen diesen Ontologien ermöglichen. Besondere Bedeutung für dieses Forschungsvorhaben hat der Transfer zwischen Ontologien und Freitexttermen." Ausgehend vom Projekt CARMEN werden in diesem Projekt automatisiert - durch statistisches maschinelles Lernen - semantische Relationen berechnet. So wird eine Benutzeranfrage, die mittels Thesaurus erfolgte, für eine Abfrage in Internetdokumentbeständen transformiert.
Jan Lüth (Kiel) zeigte mit seinem Vortrag "Inhaltserschließung durch Nutzerinnen und Nutzer: Ergebnisse eines Tests mit Internetquellen der Virtuellen Fachbibliothek EconBiz" als letzter an diesem Nachmittag eine alternative neue Methode der Erschließung. Für diesen Test wurde eine Teilmenge der im EconBiz-Fachinformationsführer enthaltenen Internetquellen in Social-Bookmarking-Webseiten angeboten, und es wurde beobachtet, inwieweit diese Internetquellen nachgenutzt und durch Schlagworte (Tags) ergänzt wurden. Social-Bookmarking-Webseiten ermöglichen eine private, aber auch öffentliche Verwaltung von Lesezeichen im Internet, welche mit freien Schlagwörtern (Tags), einem Titel und/oder einer Beschreibung versehen werden können. Diese Inhalte werden indexiert und somit werden verschiedene Sprachen, Begriffe und Schreibweisen suchbar. Ziel des Tests sollen Ergebnisse über Potenzial und Einsatzmöglichkeiten von Social-Bookmarking-Systemen im Kontext einer virtuellen Fachbibliothek sein. Als Fazit lässt sich sagen, dass Social Bookmarking sehr aufschlussreich sein kann, um neue Quellen zu erschließen und auszuwählen, und dass ein sehr großes Potenzial vorhanden ist, wenn viele Anwender viele Inhalte einbringen."
- Source
- Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare. 60(2007) H.2, S.44-46