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  • × author_ss:"Albrecht-Heider, C."
  1. Albrecht-Heider, C.: Viele Köche verderben den Brei nicht : In Frankfurt am Main trafen sich zum ersten Mal leibhaftig Verfasser des Internet-Lexikons Wikipedia (2005) 0.01
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    Abstract
    Das freie Online-Lexikon Wikipedia gibt es in weit mehr als 100 Sprachen: Die größten Ausgaben sind die englische mit etwa 670.000 und die deutsche mit rund 270.000 Artikeln. Die beiden gelten auch als die qualitativ besten. Links zu allen Wikipedia-Ausgaben finden sich unter der lnternetadresse: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Sprachen
    Content
    "In der Cafeteria des Tagungshauses erregten die Delegierten aus aller Welt am vergangenen Wochenende kein Aufsehen. Hier verkehrt sowieso immer internationales Publikum. Der Konferenzort ist die Jugendherberge in Frankfurt am Main. Bei näherem Hinsehen fallen einige Gäste doch auf: Wer männlich und eher unter 40 ist, vielleicht ein T-Shirt mit Aufdrucken wie "I love to share" oder "Take back the internet" trägt und vor einem aufgeklappten Laptop sitzt, gehört mit großer Wahrscheinlichkeit jener vergleichsweise kleinen, aber weltweit verbreiteten Wikipedianer-Gemeinde an, die in nur vier Jahren das Internet mit einem selbst verfassten Lexikon bereichert und sich zum erstenmal in ihrer jungen Geschichte leibhaftig versammelt hat. Konsensuale Neutralität Die Stiftung Wikimedia, Mutter jener Wiki-Projekte, von denen die Enzyklopädie Wikipedia die derzeit wichtigste ist, ist eine Art Graswurzel-Bewegung in der vernetzten, elektronischen Welt. Die Männer-Dominanz ist auf der Frankfurter Konferenz überdeutlich. Wikipedia hat, das räumt auch der Stiftungsgründer Jimmy Wales ein, zunächst mal technisch Interessierte angesprochen. Günstiger Nebeneffekt dieser Spezialisierung auf dem viertägigen Kongress mit seinen rund 60 Vorträgen: Wann immer ein Referent technische Probleme mit seiner Power-Point-Präsentation hat, findet sich im Publikum garantiert jemand, der den Fehler beheben kann.
    Wikipedia hat sich nur deshalb binnen kurzem einen Namen machen können, weil ein paar tausend Freiwillige regelmäßig abends am Rechner sitzen und Artikel verfassen, weil es Leute gibt wie Martin Zeise. Der ist 46 Jahre alt, von Beruf Projektleiter im Kraftwerkservice, lebt in Berlin und widmet, sich der Fortschreibung der deutschen Wikipedia-Ausgabe. Sie hat sich nach der englischen Ausgabe binnen kurzem zur bedeutendsten in der Welt entwickelt: Thüringen, Kraftwerke, ehemaliges Jugoslawien, "ein bisschen Rockmusik", Ekuador: Daran arbeitet Zeise zehn, zwölf Stunden in der Woche: Er stammt aus Thüringen, hat seinen letzten Urlaub in Ekuador verbracht, war beruflich häufig in Jugoslawien und dessen Nachfolgestaaten. So erklären sich Wikipedia-Einsatzgebiete. Zeiss schreibt und korrigiert nicht nur Einträge, er moderiert auch Diskussionen im Netz. Wikipedianer verpflichten sich zur konsensualen Neutralität. Zeise musste also ran, als serbische und kroatische Positionen bei "seinem" Thema aufeinander prallten. Doch genau daran hat Zeise Freude, und wenn dann von allen abgesegnete Formulierungen abgespeichert werden, "ist das ein Erfolgserlebnis." Wie Zeise so hat auch Revo Arka Soekatno aus Jakarta vor zwei Jahren zum ersten mal von Wikipedia gehört. Er stöberte im Netz nach den Guanchen, den Ureinwohnern der Kanarischen Inseln, und traf dabei auf einen - allerdings unbrauchbaren - Eintrag in der englischen Wikipedia-Ausgabe. Seit Ende 2003 gibt es.eine indonesische Version des Lexikons, für die Soekatno kurz darauf zu schreiben begann. Soekatno ist 30 Jahre alt, hat die Hälfte seines Lebens in den Niederlanden verbracht und forscht derzeit über alte javanische Literatur. Den Flug nach Frankfurt hat ihm, wie anderen Teilnehmern aus Ländern der Dritten Welt, eine Stiftung bezahlt. Auf dem Wikipedia-Kongress spielt Soekatno insofern eine besondere Rolle, als er über; die umfangreichste Wikipedia-Version eines DritteWelt-Landes berichten kann. 11000 Artikel zählt die Ausgabe auf Bahasa Indonesia (zum Vergleich: die deutsche Ausgabe umfasst 267.000). Der relative Erfolg erklärt sich auch damit, dass viele Artikelschreiber und knapp ein Viertel der Benutzer außerhalb Indonesiens leben. Soekatno, der an der Universität Leiden studiert hat, schreibt über Sprache, Geschichte, Philosophie und Politik und kann bei seinen Recherchen dank seiner Sprachkenntnisse auch die englische, dle deutsche, die nie derländische und die französische Wikipedia-Ausgabe nutzen. Er beherrscht zudem Javanisch, das zwischen 80 und 100 Millionen Indonesier sprechen, und arbeitet auch an der javanischen Wikipedia-Ausgabe mit, die mit 1500 Artikeln ebenso noch sehr klein ist wie die auf Sundanesisch, das für mehr als 20 Millionen Indonesier Muttersprache ist.
    Drei gedruckte Enzyklopädien, gibt es in Indonesien, darunter eine islamische und eine katholische; aber Lexika sind, teuer, "die werden viele Indonesier nicht lesen" sagt Soekatno, nach dessen Schätzung weniger als zehn Prozent der Indonesier Zugang zum Internet haben. Größere Debatten über religiöse Inhalte hat es in der Wikipedia-Gemeinde Indonesiens, einem moslemischen Land, noch nicht gegeben. 80 der 11000 Artikel widmen sich Themen des Islam. Der Aufenthalt in Frankfurt verschaffte Soekatno insofern einen ganz besonderen Gewinn, als er sich in der Jugendherberge ein Zimmer mit dem israelischen Studenten Tshahi Hayat aus Haifa teilte, wie Soekatno Referent auf dein Kongress. Indonesien und Israel unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Die Abschottung haben Hayat und Soekatno durchbrochen und auf dem Zimmer "viel über Politik debattiert." Ein nützliches Werkzeug Der Schweizer Andreas Brändle hat einen gänzlich anderen Weg zu Wikipedia genommen. Er kommt von der Musik und von der Wissenschaft. Brändle verbringt seine Freizeit nicht am Computer, sondern an der Bassgitarre und hat mit Gleichgesinnten mit Hilfe der frei benutzbaren Wiki-Software Rockkonzerte im Netz organisiert, bevor er Wikipedia kennenlernte. "Wiki ist ein nützliches Werkzeug", sagt er, "und Wikipedia ist das beste funktionierende Wiki".
    Die Qualität des Online-Lexikons bat der Student der Kommunikationswissenschaften zum Thema seiner Diplomarbeit an der Universität Zürich gemacht. Das hat sich in der Gemeinde rumgesprochen, und so ist Brändle nach Frankfurt eingeladen worden, einige seiner Forschungsergebnisse zu referieren. "Das wissenschaftliche Interesse an Wikipedia zieht ziemlich an", sagt Brändle, der Wikipedia selber in Maßen nutzt, nicht dafür schreibt, es sich aber "angewöhnt hat, Artikel zu korrigieren", Während Brändle einschränkt, Wikipedia könne "ein guter Einstieg ins Thema sein", hat der Berliner Zeise bei sich selbst beobachtet, dass "ich über Wikipedia gehe, wenn ich etwas wissen will". Für ihn ist es zu einer Art Portal geworden: Der gelegentliche Nutzer Brändle und das Wikimedia-Mitglied Zeise sind sich aber einig, dass man "Medienkompetenz mitbringen muss" um die Inhalte bewerten, um sie durch weitere Quellen absichern zu können. Wenn Zeise wissen will, wie ein Artikel entstanden ist, begibt er sich in die Wiki-Tiefen und schaut sich die Geschichte der Version an, an der üblicherweise viele Beiträger mitgeschrieben haben, die mitunter häufig korrigiert worden ist. Dass eine Gemeinschaftsproduktion was Gutes haben kann, hat Brändle in seiner Untersuchung herausgefunden, der seinem Referat den Titel gab "Viele Köche verderben nicht den Brei"."
  2. Albrecht-Heider, C.: Wikipedia ist erst der Anfang : Gründer des Web-Lexikons will freien Zugang zu Wissen und Kultur/ Kongress in Frankfurt beginnt (2005) 0.01
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    "Jimmy "Jimbo" Wales liebt den griffigen Vergleich. "Wir wollen so etwas wie das Rote Kreuz auf dem Informationssektor werden", sagt der Gründer des Internet-Lexikons Wikipedia. Eine Non-Profit-Organisation also, die Gutes für die Welt tut. In Frankfurt am Main trifft sich zum ersten Mal die internationale Gemeinschaft der Wikipedianer zu einem Kongress. Rund 400 Teilnehmer und wenige Teilnehmerinnen aus 52 Ländern sind zu der viertägigen Konferenz gekommen. Wenn es darum geht, für das Projekt eines kostenlosen, von jedermann veränderbaren Nachschlagewerkes im Internet zu werben, führt Wikipedia-Gründer Wales immer noch das Wort. Den Auftakt des Treffens nutzt der 39-Jährige aus Florida, um den Bogen weiter zu schlagen. Die Arbeit am Lexikon, die 2001 begann, sei nämlich in vielleicht zehn Jahren getan. Schon jetzt gibt es, wie Wales auf einer Pressekonferenz berichtet, Ausgaben mit je mehr als 10 000 Artikeln in 24 Sprachen. Etwa 18 000 ständige freie Mitarbeiter in aller Welt vermehren den Artikelbestand von derzeit 2,2 Millionen um rund sieben Prozent pro Monat. Eine Ausgabe in jeder Sprache, die von mehr als einer Million Menschen gesprochen wird, nennt Wales als Ziel. Aber mit dem Lexikon beginnt erst der freie Zugang zu Wissen und Kultur im Netz, den zu schaffen sich die Wikimedia-Stiftung vorgenommen hat. Stiftungspräsident Wales, der in seinem früheren Leben als Wertpapierhändler in Chicago arbeitete, nennt in seiner Eröffnungsrede auf dem Frankfurter Kongress neben dem LexikonProjekt neun weitere Ziele. Er will beispielsweise - immer überall in der Welt und in möglichst vielen Sprachen - frei zugängliche und überschreibbare Wörterbücher. Er will kostenlose klassische Musik ins Netz stellen, gespielt von Orchestern aus Freiwilligen. Landkarten soll es geben oder auch Lehrbücher und andere schriftliche Unterrichtsmaterialien, für Kindergartenkinder, Schüler, Studenten - unentgeltlich geschrieben, so malt Wales es sich aus, von Fachleuten, die auf dem Lehrbuchmarkt nicht zum Zuge kommen. Der Beginn ist mit Wikibooks gemacht, wie eines der Folgeprojekte der Enzyklopädie heißt, aber Wales macht sich nichts vor: "Diese Aufgabe ist viel größer als die des Lexikons." Und wer bezahlt das alles? Niemand oder besser gesagt jeder Freiwillige, der ehrenamtlich für Wikimedia arbeitet. Den Jahres-Etat der Stiftung, die einen hauptamtlichen Angestellten, einen Software-Entwickler, beschäftigt, beziffert Wales mit 640 000 Euro. Die Server zahlt Wikipedia selbst. Den Frankfurter Kongress etwa lässt die Stiftung sponsern, aber auf ihren InternetSeiten duldet sie keine Werbung. Und selbstverständlich ist Wikipedia auch immun gegen Übernahmen. Doch Wales war Geschäftsmann genug, um auf der Pressekonferenz die Frage nach dem materiellen Wert von Wikipedia beantworten zu können. Eine vergleichbare Webseite sei für 400 Millionen Dollar verkauft worden, sagt er. Die kommerzielle Enzyklopädie-Konkurrenz, der Brockhaus etwa, braucht sich den jüngsten Absatzzahlen zufolge noch keine Sorgen wegen Wikipedia zu machen. Jimmy "Jimbo" Wales greift bei dem Thema gern zu einem Vergleich: "Jeder erzählt Witze, aber wir haben immer noch ProfiComedians.""